Andere Länder – andere Sitten. Da ist es gut, wenn man schon vor der Reise Bescheid weiß, hat Simone Famulla erfahren. Deshalb gründete die Diplompädagogin das Projekt „Zugvögel“ – eine kostenlose Unterstützung Jugendlicher, die sich für einen Freiwilligendienst im Ausland interessieren.
Begonnen hat alles mit einem Aupair-Jahr in Norwegen - für die Abiturientin aus Thüringen eine faszinierende Erfahrung. Als sie während des Studiums bei der Beschäftigung mit viel Theorie wieder Fernweh verspürte, kam ein Erasmus-Austausch in Schweden wie gerufen. Beide Auslandsaufenthalte waren für Simone eine echte Bereicherung, doch manchmal hätte sie sich gewünscht, besser informiert zu sein, denn: „Jemand, der diese Erfahrungen schon hinter sich hat, kann hilfreiche Tipps geben, die Zeit und Geld sparen helfen, Sicherheit vermitteln und die Vorfreude steigern“. In Stockholm fand sie diese Unterstützung durch eine Mentorin, die zu einer guten Freundin wurde. Auch sie selbst betreute während des Studiums als Erasmus-Tandem-Partnerin eine polnische Kommilitonin, die auf diese Weise schnell Kontakt fand und sich problemlos integrieren konnte.
Weil ihr als Studentin der Einsatz in der Offenen Behindertenarbeit Spaß gemacht hatte und sie sich weiterhin ehrenamtlich engagieren wollte, suchte sie im Freiwilligenzentrum CariThek nach einer Aufgabe. Dessen Leiter Rochus Münzel – stets bemüht, das Passende für potenzielle Ehrenamtliche zu finden – ließ sich von der Idee des Mentoring für Freiwilligendienste im Ausland anstecken. Er unterstützt sie seitdem bei der Organisation des Projekts mit dem treffenden Namen „Zugvögel“, das im Rahmen des „Generationsübergreifenden Freiwilligendienstes“ von der CariThek gefördert wird. Zunächst geht es darum, ein Netzwerk aufzubauen, Informationsmaterial und Flyer zu gestalten. Die ersten Mentoren mit Auslandserfahrung konnten über Aushänge in der Universität gefunden und zur Mitarbeit motiviert werden. Mit authentischen Erfahrungsberichten werden sie Jugendlichen nach Abitur, Berufsschule oder Ausbildung vermitteln, was sie bei einem Einsatz in ihrem Wunschland erwarten können. Der persönliche Zugvogel berät, gibt Orientierungshilfe und steht als Gesprächspartner mit nützlichen Tipps zur Verfügung. Die Projektleiterin hat inzwischen Kontakte zu Schulen geknüpft und will im kommenden Schuljahr potenzielle Interessenten für Aupair-Einsätze und Workcamps sowie für soziale, ökologische und denkmalpflegerische und Entwicklungshilfe-Projekte im Ausland informieren.
Natürlich muss Simone auch Geld verdienen. Mit dem Diplom in der Tasche wollte die 28jährige vor allem eine Tätigkeit finden, die sie „mit ganzem Herzen“ ausüben kann. Das ist u.a. bei individuellen, museumspädagogisch und geschichtlich orientierten Agil-Stadtführungen der Fall. Da erlebt sie die Begeisterung von Kindern und Erwachsenen unmittelbar - z.B. wenn sie als „Freifrau zu Schwarzkopf“ im historischen Kostüm Touristen durch die Altstadt geleitet. Über die CariThek baut sie außerdem zur Zeit das „Schülerpaten“-Projekt auf mit dem Ziel, Jugendliche an Hauptschulen durch die ehrenamtliche Unterstützung und Begleitung erfahrener Paten aus der Wirtschaft frühzeitig fit zu machen für die Ausbildungs- und Arbeitswelt. Durch die Verlegung der Fachhochschule für Sozialpädagogik von Bamberg nach Coburg ist auch das Projekt „Kompass“ bei Simone Famulla gelandet, das Studenten über die Möglichkeiten internationaler Arbeit berät. Für die Hälfte aller Erwerbstätigen gehören Fremdsprachen und Mobilität heute zum Arbeitsalltag. Und weil im Land gewonnene Sprachkenntnisse bekanntlich die Berufschancen erheblich steigern, bringen Auslandsaufenthalte jungen Menschen viele Vorteile. Simone Famulla hat das selbst erlebt und will diese Erfahrung weitergeben. Und natürlich wird sie ab und zu erneut vom Fernweh gepackt – wie die Zugvögel, die zwischen Mittel- und Südeuropa pendeln.
Kontakt: zugvoegel@hotmail.de oder carithek@caritas-bamberg.de.
Renate Steinhorst