„Hallo, Harald, kann ich noch Kaffee kriegen? Und wer hat eigentlich die Zeitung schon wieder beschlagnahmt?“ ruft Günther gutgelaunt durch den Raum. Bei „Menschen in Not“ sind am Montagmorgen viele zum Frühstück gekommen. Und die Zeitung hat natürlich Rita, die einfach schneller war. Harald bringt erst mal Kaffee mit Wurstbrot und tröstet: „Die Zeitung wird bestimmt bald frei“.
Harald Thome ist einer von insgesamt elf Ehrenamtlichen, die zusammen mit der hauptamtlichen Sozialpädagogin den Treffpunkt „Menschen in Not“ am Laufen halten. Als er vor dreieinhalb Monaten seinen Job als Handelsvertreter verloren hatte, wollte er in der unfreiwillig gewonnenen Freizeit „nicht nur Bowling spielen und Schwimmen gehen, sondern etwas Sinnvolles tun.“ In der Cari’Thek, der Ehrenamtsbörse der Caritas im Deutschen Haus, rannte er mit seinem Wunsch offene Türen ein. „Da ist man auf meine Erwartungen und Fähigkeiten eingegangen, ich wurde prima beraten und konnte aus mehreren Angeboten das für mich Passende auswählen. Ich bin sehr gerne hier, für mich ist die Siechenstraße 11 fast zur zweiten Heimat geworden.“
Mit viel Verständnis spricht Harald über die Besucher der Einrichtung - eine interessante Mischung, sowohl was die Altersstruktur betrifft als auch in Bezug auf Berufe und Gesellschaftsschicht. „Jeder kann in eine problematische Situation geraten“, hat er hier gelernt, „und dann ist es gut, wenn man weiß, wo man Hilfe bekommt und sie annehmen kann. Unsere „Kunden“ sind arbeitslos, haben vielleicht Eheprobleme, sind krank, abhängig oder einfach nur einsam. Ich höre zu, rede und spiele mit ihnen, kann ihnen gelegentlich Halt geben.“ Mit seiner offenen, kontaktfreudigen Art gewinnt der Helfer die Sympathie der Besucher. Er ist zufrieden, wenn er sein Gegenüber aufmuntern kann oder ein dankbares Lächeln erntet. „Und natürlich habe ich auch ein Privatleben, wo ich wieder auftanken kann bei Schwimmen und Turmspringen, bei Bowling und Bauernmalerei. Außerdem bin ich seit vier Jahren wieder Single und flirte auch gern“, verrät er.
Für den 37jährigen gibt es keine „niederen“ Tätigkeiten – er macht alles, was gerade nötig ist: Servieren, Wäscheausgabe, Saubermachen. Zurzeit vertritt er den Koch, wobei ihm seine Erfahrungen aus der Systemgastronomie zugute kommen. „Viele helfen mit, dass wir einigen ein Stück Geborgenheit und das Notwendigste zum Leben bieten können: Bäcker, Metzger, Gemüsehändler und andere Spender sorgen dafür, dass der Tisch immer gedeckt und die Kleiderkammer gefüllt ist. Nicht selten bereichern auch übrig gebliebene Leckereien von privaten Parties das Angebot,“ berichtet er.
Die Suche nach einem Job gestaltet sich für Harald auf dem leergefegten Arbeitsmarkt denkbar schwierig. „Ich kann arbeiten, und ich arbeite gern“, betont er, „deshalb ist dieser ehrenamtliche Einsatz jetzt auch für mich genau das Richtige. Wenn ich abends nach Hause gehe, habe ich das gute Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben. Und selbst wenn ich – was ich mir natürlich sehr wünsche – eine Stelle finden würde, würde ich dieses Engagement nicht ganz aufgeben.“ Gebraucht zu werden, in einem netten Team mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten und Fähigkeiten mitzuarbeiten und helfen zu können, bedeutet dem jungen Mann sehr viel. Das geht auch den Kolleginnen und Kollegen so. Anerkennend berichtet er z.B. von der Praktikantin, die in einer Bank arbeiten könnte, den Einsatz bei „Menschen in Not“ aber bevorzugt.
Wie findet man Zugang zu Menschen, die sich in einer schwierigen Situation befinden? Der Gefragte muss nicht lange nachdenken. „Respekt heißt das Zauberwort. Alle sind Menschen und verdienen es, mit Achtung behandelt zu werden. Vorurteile bauen nur Barrieren auf. Mein Leben ist mit dieser ehrenamtlichen Tätigkeit ausgefüllt, ich kann etwas bewirken“, strahlt Harald und reicht Günther die Zeitung, die Rita soeben zur Seite gelegt hat.
Renate Steinhorst
Carithek – Ehrenamtsbörse des Caritasverbandes für die Erzdiözese Bamberg e.V.
Obere Königstr. 4a
Bamberg
Tel. 09 51 8 60 41 45